Sie sind vermutlich noch nicht im Forum angemeldet - Klicken Sie hier um sich kostenlos anzumelden  
logo
Sie können sich hier anmelden
Dieses Thema hat 0 Antworten
und wurde 309 mal aufgerufen
 Smalltalk
FCMoni Offline




Beiträge: 4.230

31.05.2005 07:05
RE: Schmidt unter Druck! Antworten

Zu teuer, nicht lustig
Schmidt unter Druck


Von Carsten Rave, dpa

So einen roten Teppich hatte die ARD in ihrer mehr als 50-jährigen Geschichte kaum einem Star ausgerollt. Acht Millionen Euro im Jahr, Freiraum für zwei Sendungen pro Woche und die Zusicherung des Programmdirektors, Harald Schmidt dürfe alles sagen, was er wolle. Nach acht Jahren Sat.1 und einem Jahr „kreativer Pause“ sollte der Entertainer das Image des als verstaubt geltenden ARD-Gemeinschaftsprogramms wieder aufpolieren. Doch nach einem halben Jahr Präsenz fragen sich schon einige Zuschauer, Kritiker und Experten, was denn die mit Pauken und Trompeten begleitete Neuverpflichtung der ARD wirklich gebracht haben könnte.

„Mir ist er langweilig geworden“

„Mir ist er ein bisschen langweilig geworden", sagt der Kabarettist Werner Schneyder. „Das Format ist verbraucht. Es ist wie mit einer CD, die man jeden Tag auflegt und die man irgendwann nicht mehr hören kann.“ Für die Medienwissenschaftlerin Joan Kristin Bleicher, Germanistik-Dozentin in Hamburg, ist „der Ritualcharakter verloren gegangen“. Man sage nicht mehr „Gute Nacht“ mit Harald Schmidt. Er müsse wieder hin zur satirischen Alltagsbeobachtung („Wir essen ein Eis mit einem schwangeren Paar in der Eisdiele“) und weg vom politischen Kabarett, zu dem er hauptsächlich in der ARD wieder zurückgefunden habe.

Zuschauer wechseln zu Kerner

Auch viele Zuschauer scheinen Schmidt den Rücken zu kehren. Zwar kündigte der Entertainer bei seiner Rückkehr zum TV an, mit einer Million Fans pro Ausgabe leben zu können. Doch inzwischen erreicht kaum eine Ausgabe einen zweistelligen Marktanteil. Die letzten sechs lagen nach Berechnungen des Marktforschungsinstituts Media Control unter der Marke von zehn Prozent – allein das Gesicht und die Verbreitung flotter Lästereien reichen zum Imageaufbau nicht. Und was nützt die beste Marke, wenn die Zuschauer umschalten und vielleicht bei Johannes B. Kerner im ZDF landen, der am vergangenen Donnerstag fast zeitgleich mit Schmidt auf gut 19 Prozent Marktanteil kam.

„Best of“-Spots gehen unter

Zum Nachdenken anregen könnte die ARD auch die wirtschaftliche Entwicklung rund um das Aushängeschild, für das die ARD auf den Erwerb der Uefa-Cup-Rechte verzichtete: Die „Best of“-Spots von knapp zwei Minuten Länge im Vorabendprogramm erreichten seit Jahresbeginn bei der werberelevanten Zielgruppe der 14- bis 49-jährigen Zuschauer laut Media Control nur 4,2 Prozent Marktanteil. Die Tarife mussten bereits um bis zu 40 Prozent gesenkt werden, wie es von der ARD-Werbetochter Sales & Services heißt. Schmidt passt nicht zwischen Jörg Pilawas Quizshow und den Kurz-vor-20-Uhr-Block mit Wetter und Börse, schon gar nicht mit den Sprüchen vom Vortag.

„Gibt sich keine Mühe mehr“

Auch die Medien, einst immer Schmidts Freunde, gehen kühler mit dem Komiker um. „Die Leute haben so lange applaudiert, egal was er gemacht hat, dass er denkt, er muss gar nichts machen. Er gibt sich einfach keine Mühe mehr", notierte die „Frankfurter Allgemeine Sonntagszeitung“ vor einigen Tagen. „Aber er ist wie ein Raubtier in der Wüste, das Blut geleckt hat und von der Beute nicht mehr loskommt – die Sucht nach Applaus treibt ihn", sagt Berufskollege Karl Dall, der sich selbst inzwischen weitgehend vom Bildschirm zurückgezogen hat. „Kritik lässt Schmidt nicht an sich herankommen. Er ist in gewisser Weise unangreifbar.“

Der Kölner Medienwissenschaftler Dietrich Leder forderte jüngst in einem Interview mit dem „Kölner Stadtanzeiger", Schmidt müsse häufiger zu sehen sein. Einmal die Woche wie zuletzt sei zu wenig. Leder schlug außerdem vor, mehr Geld von Schmidts Gage in Co-Autoren zu investieren, denn das Material reiche kaum noch für 30 Minuten. Schmidt selber, dessen Vertrag bis Mitte 2006 läuft, hat aber kein Interesse an Expansion. Dreimal die Woche, wie zuletzt innerhalb der ARD diskutiert, hat er selbst in einem „Spiegel“-Interview ausgeschlossen: „Mein Ehrgeiz zu mehr Output hält sich sehr in Grenzen. Die Woche mit Beckmann, Maischberger und mir ist Teilzeit in Vollendung.“

Selbst „Scheibenwischer“ hat mehr Quote

Und noch eins dürfte ARD und Schmidt zu denken geben: Die gute, alte Satire-Sendung „Scheibenwischer", die immer donnerstags eingestreut wird, wenn der Chefzyniker pausiert, erreichte 2005 mit ihren fünf Ausgaben mit 2,21 Millionen Zuschauern im Durchschnitt etwa eine halbe Million mehr als Schmidt.


http://focus.msn.de/hps/fol/newsausgabe/...be.htm?id=15054

 Sprung  
Xobor Ein Xobor Forum
Einfach ein eigenes Forum erstellen
Datenschutz